Aalen braucht keine „Querdenker“, „Reichsbürger“ und Corona-Leugner
Erklärung des Netzwerks für Demokratie Ostalb zur Corona-Demonstration am 28. 11. 2020 in Aalen:
Am Samstag, 28. November soll in Aalen eine Demonstration und Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen von Bund und Land stattfinden. Ursprünglich von den „Querdenkern“ angemeldet, sind den Organisatoren inzwischen die Hälfte der geplanten Redner abhandengekommen, nachdem bekannt wurde, dass sich das Führungspersonal von „Querdenken“ heimlich mit „Peter dem Ersten, König von Deutschland“, einer schillernden Figur aus der rechtsextremen „Reichsbürger“-Szene, getroffen hatte. „Querdenken“ ist seither abgetaucht, stattdessen haben nun anonyme „Bürger aus Aalen (und) Heidenheim“ das Heft übernommen – alter Wein in notdürftig geflickten Schläuchen.
Wie die Erfahrung mit „Querdenken“-Demonstrationen in anderen Städten zeigt, geht es dabei vor allem um schrille Töne und die demonstrative Missachtung von Corona-Auflagen. Sie fühle sich „wie Sophie Scholl“, rief eine „Querdenken“-Rednerin in Hannover in offener Verhöhnung der NS-Opfer, zu denen sich die „Querdenker“ am liebsten selbst stilisieren möchten. Sie geben sich als Verteidiger der Grundrechte, nennen das Infektionsschutzgesetz ein neues „Ermächtigungsgesetz“ und zeigen offen ihre Verachtung für die parlamentarische Demokratie, zuletzt mit dem versuchten Sturm auf das Reichstagsgebäude und – von AfD-Abgeordneten ermöglichten – Pöbeleien im Deutschen Bundestag.
Manches davon verfängt. In der Tat schränken die staatlichen Maßnahmen zur Eingrenzung der Corona-Pandemie bestimmte Grundrechte ein (Freizügigkeit, Versammlungs- und Berufsfreiheit etc.) – auf Zeit, in engen Grenzen, entlang des Prinzips der Verhältnismäßigkeit sowie unter der Aufsicht von Gerichten. Darüber kann und muss man diskutieren. Es gibt kein Patentrezept, was in einer Pandemie sinnvoll und was angemessen ist – unterschiedliche Meinungen zu haben ist daher völlig legitim.
Aber jede Auseinandersetzung um Corona und Grundrechte hat zuallererst einen grundlegenden Sachverhalt zu respektieren: Es gibt auch das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit! In einer Pandemie können diese Grundrechte in einen Konflikt zueinander geraten, denn das Virus „ernährt“ sich von menschlichen Begegnungen. Wie immer man zu einzelnen Maßnahmen stehen mag – es geht dabei immer um die angestrengte und angemessene Abwägung zwischen diesen Werten und Rechten.
Wer dies leugnet, zeigt damit nur ein äußerst taktisches Verhältnis zu eben jenen Grundrechten, auf die man sich doch lauthals beruft. Der Schulterschluss zwischen „Querdenkern“ und „Reichsbürgern“ sowie die hohe Anziehungskraft der Corona-Demonstrationen auf Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker kommen nicht von ungefähr: Es geht den Corona-Leugnern letztlich nicht um die Grundrechte, sondern um die Delegitimierung unseres demokratischen Gemeinwesens.
Im Stimmengewirr der Corona-Debatten geht manchmal der Überblick verloren. Das Netzwerk für Demokratie Ostalb tritt dafür ein, unsere demokratischen Institutionen in ihrem Bemühen um einen vernunftgeleiteten Umgang mit der Pandemie zu stärken.
Aus diesem Grund wird das Netzwerk für Demokratie am 28. November auf dem Wochenmarkt in Aalen mit einem Dialogtisch in der Nähe des Marktbrunnens (an der Ecke zur Gmünder Straße) von 9:00-12:00 Uhr präsent sein und lädt herzlich zum Gespräch und Austausch ein.
Das Netzwerk für Demokratie im Ostalbkreis ist ein Zusammenschluss verschiedenster Akteure, um ein Bewusstsein für das Privileg der Demokratie zu schaffen und aufrecht zu erhalten. In regelmäßigen Treffen werden Aktionen geplant und vorbereitet um dem gemeinsamen Ziel näherzukommen.